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Am Weg nach Wien in meinem Zweitwohnzimmer alias ÖBB-Railjet |
Viele
Leute fragen mich, wie's mir mit dem neuen Stress geht, den ich seit
Freitag hab. Ich muss sagen, es ist spannend und es ist
herausfordernd, aber viel stressiger als sonst ist es auch nicht. Ich
hab immer noch Zeit für meinen gelegentlichen Morgenlauf, ich hab
die für meine Familie reservierten Zeiten und ich trink auch da und
dort ein Glaserl. Ich fühl mich sehr gut unterstützt und getragen
von vielen Menschen bei den Grünen und auch von meinen FreundInnen.
Wir kriegen das alles sehr gut hin, weil ich von kompetenten Leuten
umgeben bin und weil wir flexibel agieren können. Ich werd noch ein
bißchen mehr unterwegs sein, aber alleine dieses Jahr war bin ich
gerade auf meiner elften Fahrt nach Wien, das ist also nichts
Ungewöhnliches. Soweit, sogut und ein ganz ernst gemeintes Danke an
alle, die mithelfen.
Aber
ab jetzt geht’s um was Anderes: Wir Grüne und alle die uns nahe
stehen, haben fünf Monate Zeit für Überzeugungsarbeit. Ich erlebe
folgendes Phänomen: Medien fragen mich bis ins kleinste Detail, wie
das alles gehen soll, wer wie oft wo hin fahren wird, wie ich die
Umfragen sehe, ob ich die ÖVP kritisieren darf (wait, what??) und
wie wir die Doppelspitze organisieren, um mich am Ende eines
Interviews dann zu fragen, warum wir eigentlich so wenig über
Inhalte reden. Wir werden das ändern.
Ulrike
Lunacek als Spitzenkandidatin hat einen riesengroßen Vorteil: Sie
steht als parteiübergreifend anerkannte Vizepräsidentin des
Europäischen Parlaments und als Siegerin der letzten EU-Wahl für
etwas, noch bevor sie den ersten Satz gesagt hat. Und dann sagt sie
viele kluge Sätze. Wir werden für eine starke Wahlbewegung die
jetzt startet und im Herbst eine rechtspopulistische Regierung
verhindert, genau das brauchen: Eine starke Spitzenkandidatin und
eine Diskussion über Inhalte. Ich möchte an dieser Stelle nur drei
Dinge anreißen, über die wir inhaltlich diskutieren werden:
Öffentliches
Angebot: Was bisher von den Plänen der FPÖ gesickert ist, klingt
bedrohlich. Eine Senkung der Staatsquote auf 40% klingt so harmlos –
in Wirklichkeit bedeutet viel weniger Geld in öffentlichen Töpfen
aber immer viel weniger Geld für das Gesundheitssystem, viel weniger
Geld für die Pflege, viel weniger Geld für unsere Kindergärten und
für unsere Schulen. Der engste wirtschaftspolitische Berater von
ÖVP-Chef Kurz ist bisher auch mit skurrilen Ideen wie Ein-Euro-Jobs
in Österreich aufgefallen. Hinter „Staatsquote senken“ steht
meistens „Sozialabbau“. Da werden wir uns dagegenstellen, vor
allem weil
Frauen
vom Zusammenstreichen der öffentlichen Infrastruktur besonders
betroffen sind. Das Frauenvolksbegehren, für das wir Grüne
gemeinsam mit roten, schwarzen und parteiunabhängigen Frauen laufen
werden, ist ein wichtiger Gegenpol zu diesen drohenden Entwicklungen.
Wir müssen aber neben der Repräsentanz von Frauen in der Politik
und Wirtschaft auch über das Schließen der Lohnschere, über
Karenzregelungen (nicht nur Kinderkarenz, sondern auch Pflege!) und
über das Kinderbetreuungsangebot reden. Wir haben da in Tirol in den
letzten Jahren zum Mittelfeld aufgeschlossen, aber klar ist: Für
echte gleiche Chancen am Arbeitsmarkt braucht es in der ganzen
Republik ein ausgezeichnetes Angebot und einen Platz, wo Kinder gut
aufgehoben sind und eine feine Zeit mit Gleichaltrigen und mit
qualifizierten Personal haben. Zu einem guten Aufwachsen gehört auch
eine intakte
Umwelt
und echter Klimaschutz. Da sind neben den Klimaschutzverweigerern von
der FPÖ auch Rot und Schwarz noch nicht am richtigen Weg. Wie am
Beispiel der dritten Piste am Flughafen Schwechat rot, schwarz und
blau in trauter Einsamkeit so taten und tun, als hätte es nie
eine Klimavereinbarung von Paris gegeben, ist abenteuerlich. Wir
lesen zwar regelmäßig von schmelzenden Polkappen, von versinkenden
Inseln und von ganzen Branchen, die wegen des Klimawandels in Gefahr
sind (Stichwort Skigebiete unter 1.500 Meter Seehöhe), aber wir
diskutieren ernsthaft über weniger und nicht über mehr Klimaschutz.
Wir Grüne werden hier ganz konkrete Vorschläge machen. Da werden
unangenehme Dinge wie ein Ende des steuerlichen Dieselprivilegs sein
und angenehmere wie leistbare öffentliche Verkehrsmittel dabei sein.
Ich
will hier keine Programmdiskussionen vorwegnehmen und auch kein
Wahlprogramm bekannt geben: Aber ich möchte anregen, dass sich die
öffentliche Auseinandersetzung weg von Persönlichkeitsprofilen und
Befindlichkeitsbeschau und hin zu den Themen dreht. Ich bin bereit,
dazu alles mir Verfügbare beizutragen.
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