Dienstag, 17. Januar 2017

Ein Reformanstoß aus dem Westen


Ich bin kein Fan von Kürzungen im Sozialbereich. Deswegen ist unsere heutige Einigung mit dem Koalitionspartner ÖVP zur Mindestsicherung auch nichts zum Feiern. Wir stellen WGs mit Mindestsicherungs-BezieherInnen um 160 Euro pro Person schlechter als bisher und wir ermöglichen stärkere Kürzungen der Unterstützung, wenn unsere Integrationsmaßnahmen ohne guten Grund nicht angenommen werden. Andererseits werden Landesförderungen für Familien in Zukunft nicht von der Mindestsicherung abgezogen, das bringt einer armutsgefährdeten Familie für ein 2-jähriges Kind etwa 400 Euro mehr im Jahr. Das ist das Verhandlungsergebnis, wir haben uns hier auf Einschnitte geeinigt. Ich möchte dennoch deutlich festhalten, dass grüne Regierungsbeteiligungen einen deutlichen Unterschied machen und wir sehen das besonders an der Mindestsicherung. Denn dort, wo Grüne nicht regieren, wurde eine Zwei-Klassen-Mindestsicherung geschaffen. Die in Niederösterreich führt etwa dazu, dass Menschen von einem Tag auf den anderen nur mehr halb so viel Geld haben und ihre Wohnungen, ihre Deutschkurs-Plätze, die Kindergartenplätze ihrer Kinder verlieren. Der Standard hat hier eine Geschichte dazu.  

Wir in TIrol wollen die bereits geflüchteten Menschen nicht wie in Niederösterreich noch einmal vertreiben, sondern wir setzen in Tirol auf starke arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Ziel ist, dass die Menschen bei uns bleiben und hier alle Chancen auf einen Job, auf ein eigenes Einkommen, auf eine gute Ausbildung und auf eine qualitativ hochwertige Betreuung ihrer Kinder bekommen. Wir haben dank der gut vernetzten Stellen von Flüchtlingsbetreuung über Sprachkurs-Anbieter bis zum AMS bereits für 50% aller Asylberechtigten, die im Jahr 2016 eine Arbeitserlaubnis bekommen haben, einen Arbeitsplatz gefunden. Wir steigen in einer Untersuchung der NGO "SOS Mitmensch" als Bundesland mit dem besten Deutschkurs-Angebot aus. 85% der österreichischen Unternehmen wollen schutzsuchende Menschen in ihrer Firma anstellen - das wissen und das nützen wir. 

Teile der ÖVP von Pröll bis Lopatka wollten arme Familien unabhängig von der Anzahl ihrer Kinder mit einem Deckel bei 1.500 Euro schröpfen, sie wollten eine Wartefrist vor der möglichen Inanspruchnahme und sie wollten eine eigene Mindestsicherung zweiter Klasse für schutzsuchende Menschen. Im Westen sehen wir das anders und setzen keine dieser unsozialen Maßnahmen um. Wir setzen statt eines Kahlschlags und Vertreibung auf starke Integrationsbemühungen und wir haben damit dank des enormen Engagements der Zivilgesellschaft Erfolg. Solidarität gilt bei uns schließlich auch unter Nachbarn - deswegen haben wir eine Regelung gefunden, die auch mit den Bundesländern Salzburg und Vorarlberg abgestimmt ist und bis auf ein paar lokale Unterschiede, wie Mietpreise, einheitlich sein wird. Schwarz-Grün macht bei der Mindestsicherung nicht alles richtig, aber alles besser als die rot-blauen und schwarz-blauen Regierungen. Vielleicht können wir, wenn die oberösterreichische und die niederösterreichische Regelungen vor dem Verfassungsgericht gekippt werden, die Westachsen-Regelung in Richtung Osten tragen und wieder eine einheitliche Mindestsicherung in ganz Österreich zu ermöglichen. Und zwar eine, von der man eine Zeit lang über die Runden kommen kann.