Freitag, 4. April 2014

Von China bis auf den eigenen Teller

Mein Versuch, zu skizzieren, wie ich mir gute Klimapolitik vorstelle.



Gestern durfte ich zur Eröffnung einer dreitägigen Konferenz, bei der u.a. zwei Autoren des UNO-Klimaberichts und die bekannte Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb ihre Expertise in Innsbruck einbringen, einen Eröffnungs-Vortrag halten. Weil der am 15. Österreichischen Klimatag gut angekommen und das Thema höchst aktuell ist, hier meine Rede vom Klimawandel zwischen China und dem eigenen Teller. 



Sehr geehrte Damen und Herren,

ich werde Sie nicht lange mit Begrüßungs- und Dankesworten aufhalten. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass sich PolitikerInnen zum Thema Klimawandel nicht aus der Verantwortung stehlen. Ich will, bevor mit Herrn Prof. Huggel ein Experte zu Ihnen spricht, einige politische Rahmenbedingungen skizzieren, die ich im Kampf gegen den Klimawandel für unverzichtbar halte.

Ich bin davon überzeugt, dass Europa eine Vorreiterrolle im weltweiten Klimaschutz einnehmen muss. Wir können uns nicht zurücklehnen und sagen, wir sind ohnehin nur für 10% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Wir haben hunderte Millionen Menschen weltweit, die nach unserem Wirtschafts- und Lebensmodell streben. China steht auf der Schwelle. Lateinamerika zieht nach. Nordafrikanische Länder haben sich beim Sprengen der autoritären Ketten ihrer Königshäuser und Diktatoren auch eine sogenannte westliche Lebensweise versprochen. Jetzt frage ich Sie: Was wären wir EuropäerInnen für WeltbürgerInnen, wenn wir fänden, Wohlstand stünde nur uns zu?

Nein, die AgypterInnen haben das gleiche Recht auf individuelle Mobilität, wie wir in Österreich. Die ChinesInnen dürfen auch gewinnbringende Unternehmen aufbauen, so wie unsere deutschen Nachbarn das tun. Die Frage ist, ob das unter Umständen möglich ist, die klimaschonend sind – und genau da sind wir EuropäerInnen in der Verantwortung. Wir haben ressourcenschonende Technologien entwickelt, die wir teilen müssen. Nicht Schrott-Entsorgung in emerging markets betreiben, sondern Wissenstransfer im Sinne des Klimaschutzes.

Wir haben Regelwerke für unser Zusammenleben und diese Regelwerke können wir ändern. Das fängt dabei an, dass wir die klimaschädlichsten Formen der Energie im Moment offenbar nicht in einer Art und Weise besteuern, die jemanden davon abhält, die Luft zu verpesten. Wir müssen den Verkehr endlich zu lenken, zu steuern beginnen, mit steuerlichen Maßnahmen wie der Mineralölsteuer und wir brauchen Mega-Investionen in den öffentlichen Verkehr. Wir brauchen mehr Investitionen in erneuerbare Energien. Wir müssen ressourcenverschwendende Technologien unrentabel machen. Dazu müssen wir unseren Lebensstil ändern und wir müssen uns als Gesellschaft darauf einigen, dass wir diese Erde retten wollen, weil wir keinen Planeten B zur Verfügung haben.

Wie geht das? Ich glaube daran, dass unsere Politik ihren Beitrag dazu leisten kann und muss. Ich glaube, dass Parteien lernfähig sind. Ich erinnere daran, wie schnell das in Deutschland mit dem Atom-Ausstieg auf einmal gegangen ist, als die regierende CDU eine ihrer Hochburgen an die Grünen verloren hat. Ich wünsch mir beim besten Willen keine Katastrophe wie in Fukushima. Wir arbeiten an einer Alternative. Und die Alternative zu einem Erdrutschsieg pro-ökologischer Kräfte bei einer Wahl nach einer Katastrophe ist der langsame Weg. Wir in Tirol gehen diesen langsamen Weg: die vielen kleinen Schritte durch die Verwaltung. Dieser Marsch durch die Institutionen ist zu langsam, sagen viele. Ich bin d'accord, es müsste alles viel schneller gehen. Aber Klimaschutz kann die Politik nicht alleine machen. Klimaschutz fängt mit dem Kauf eines Bus- oder Zugtickets für den Weg in die Arbeit an und damit, das Zweitauto zu verkaufen. Klimaschutz fängt beim Kauf regionaler und saisonaler Produkte an, die nicht eine Weltreise hinter sich haben. Klimaschutz heißt aber auch, dass die BürgerInnen uns PolitikerInnen in die Verantwortung nehmen müssen. Wir, die ökologischen Kräfte in der Politik und die ökologischen BürgerInnen müssen uns da nämlich gemeinsam mit ein paar Lobbies anlegen, die nicht machtlos und erst recht nicht zimperlich sind.

Ich bin Fundamentaloptimistin und verstehe mich als Nachhaltigkeitsaktivistin, ich leiste Überzeugungsarbeit, aber ich bin keine Missionarin. Wir brauchen ein Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen. Über den Klimawandel entscheiden wir alle hier täglich an der Supermarkt-Kassa mindestens so viel, wie alle vier oder fünf Jahre in der Wahlurne. Wir PolitikerInnen brauchen den Input von ExpertInnen und wir brauchen Druck aus der Zivilgesellschaft, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die Anpassungen an den Klimawandel und Klimaschutz möglich machen.

Daher darf ich mich abschließend doch noch bei den OrganisatorInnen dieser Veranstaltung bedanken, die Politik und Politisierung im besten Sinne ist und wünsche Ihnen viele interessante Perspektiven, anregende Diskussionen und bestärkende Momente!