Es
ist ein bißchen viel Desinformation, die manche unserer wichtigsten
politischen Debatten dominiert. Da wird in einem Leserbrief
fantasiert, dass ein Auto mit 100 km/h umweltschädlicher sei, als
mit 130 km/h. Dort behaupten KritikerInnen der mit Bundesminister
Rupprechter und allen Bundesländern akkordierten Natura
2000-Nachnominierungen, Naturschutz koste hunderte Arbeitsplätze.
Dabei geht’s in all diesen Fragen meines Erachtens um eine ganz
einfache Entscheidung: Sind wir alleine auf der Welt und leben nach
dem kollektiven Motto „Nach mir die Sintflut“, oder gibt es eine
Verantwortung, die über den eigenen Tellerrand hinausreicht.
Ihr
kennt das: Man steht im Sommer vor einem Lokal, weil man zwischen
Tanzen und lauten Unterhaltungen zur lauten Musik ein bißchen
Auslüften möchte und eine der wenigen lauen Sommernächte in
unseren Breitengraden im Freien so angenehm sind. Da kommt irgendein
Bar-Angestellter und scheucht einen hinein, wegen der AnrainerInnen.
Im ersten Moment Ärger darüber, dass die angenehme Ruhe als
Kontrast zur lauten Musik in der Bar nicht möglich ist. Und im
zweiten Moment die Erkenntnis, dass über der Bar Menschen wohnen,
die vielleicht schlafen oder Ruhe haben möchten.
Ein
bißchen so ist das auch in der Debatte um Tempo 100 und um den
Naturschutz: Aus dem Bauch heraus fahre ich auch gern schneller und
aus dem Bauch heraus mag ich Großveranstaltungen unter freiem
Himmel. Aber mitgedacht, dass es auch noch andere Lebenswesen gibt
und deren legitime Bedürfnisse, fällt das Rücksicht nehmen
leichter. Das würde ich mir für die großen politischen Debatten
dieses Jahres wünschen: Dass der Blick über den eigenen Tellerrand
möglich wird. Und dass die legitimen Bedürfnisse anderer Menschen
und ja, auch jene von Tieren und Pflanzen, mitgedacht werden. Alles
andere wäre nämlich Rowdytum. Und um das Rowdytum in möglichst
geringem Ausmaß zu halten, haben wir so etwas wie eine Demokratie
und so treffen solche Entscheidungen kollektiv und verbindlich für
Alle. Und im Zweifel für jene, die sich Rücksichtnahme nicht
individuell erzwingen können.
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