Dienstag, 28. Januar 2014

Täglich Tempo 100


Kostet kaum Zeit, bringt aber viel Gesundheit: Tempo 100
 

 
Ich berichte hier ja regelmäßig, welche Anliegen von vielen Menschen an mich herangetragen werden. Letztens habe ich versucht, zu erklären, dass Öffi-Wünsche alle wichtig, aber nicht alle machbar sind. Sonst kriegen meine MitarbeiterInnen ganz viele Mails zum anvisierten Luft- und Lärmschutzhunderter. Die beantworten wir natürlich gerne, aber bevor Sie sich über den geplanten Luft-100er auslassen: Hier noch einmal meine triftigsten Gründe dafür.


Ich bin ja selber eine Geschwindigkeitsfanatin und bin wahnsinnig beeindruckt, wenn sich zum Beispiel die Skeleton-Frauen kopfüber den Eiskanal in Igls hinunterstürzen oder wenn wahnsinnig gute andere WintersportlerInnen spektakulär dem Geschwindigkeitsrausch hingeben. Um einen anstrengenden Sport zu betreiben – und das ist mir besonders bei unseren Kids ganz wichtig – muss man aber eine gesunde Lunge haben. Und genau um diese gesunden Lungen geht’s beim 100er. Nicht um Pflanz, nicht um die ausländischen Kennzeichen rundum und nicht um irgendeine Lustfeindlichkeit, sondern um die Gesundheit.


Jedes Jahr fahren 2 Millionen LKWs durch unser Land – also nur durch. Die liefern nichts nach Tirol oder aus Tirol, sondern die fahren durch, weil wir halt am Weg liegen. Ich sehe Chancen, 200.000 davon von der Straße zu bringen und damit den Dreck und den Lärm, den sie produzieren raus aus dem Inntal. Mit dem Müll- und Schrottfahrverbot („Sektorales“) ist das möglich, dann müssen LKWs mit bestimmten Gütern auf die Schiene. Aber das Müll- und Schrottfahrverbot hat uns die EU-Kommission schon zwei Mal gekippt, weil wir „gelindere Maßnahmen“ zur Verbesserung der Luftqualität als das Fahrverbot nicht ergriffen haben. So eine gelindere Maßnahme ist ein strengeres Tempolimit, zum Beispiel der 100er. „Kniefall vor Brüssel“ sagen da manche – aber Österreich hat sich mit dem Beitritt zur EU auch dazu bekannt, seine Luft einigermaßen sauber zu halten. Dafür bekommen wir als Gegenleistung, dass sich auch die anderen Länder verpflichten, die gröbsten Umwelt- und Gesundheitssünden zu unterlassen. Das nennt man Solidarität, nicht Kniefall.


Also: Der 100er ist kein Pflanz, sondern eine Gesundheitsmaßnahme im Interesse jener, die noch nicht wählen dürfen. Die sind nämlich am anfälligsten für asthmatische Erkrankungen bei schlechter Luftqualität. Traurig aber wahr ist: Nur mit dem 100er gibt’s eine Chance auf echte Transitentlastung und gesunde Luft in unserem Land. Und die hat Vorrang.


 

Donnerstag, 23. Januar 2014

Ein Turbo für den Naturschutz




Als sich alle Naturschutz-LandesrätInnen von Österreich zum letzten Mal trafen, bezahlte man noch mit Schilling. So lange ist es her, dass sich zum letzten Mal die für dieses so wichtige Thema zuständigen PolitikerInnen aller Bundesländer trafen. Jetzt haben wir es wieder geschafft, alle an einen Tisch zu bringen. Ich darf nächsten Freitag in Innsbruck Gastgeberin sein, wenn zu meinen acht AmtskollegInnen auch noch der zuständige Minister Andrä Rupprechter zu unserer Runde dazukommt. Dass wir überhaupt zusammenkommen ist schon eine Aufwertung des Themas Naturschutz an sich. Dass der Minister auch noch kommt, wertet die politische Bedeutung der Konferenz noch einmal auf. Es ist ein Turbo für den Naturschutz, den wir nächste Woche zünden wollen.

Wird da von einem Tag auf den anderen halb Österreich zum Naturschutzgebiet erklärt, was SchützerInnen freuen und NützerInnen erschrecken würde? Nein, natürlich nicht. Aber es stehen wichtige Abstimmungen an: Österreich muss alle 6 Jahre bei der EU-Kommission melden, wie wir mit unseren Natura-2000-Gebieten umgehen. Da sind wir etwas im Verzug und wollen schleunigst nacharbeiten um zu beweisen, dass hierzulande Naturschutz und die Verpflichtungen internationaler Verträge ernst genommen werden. Und Österreich ist aufgefordert worden, eine ganze Reihe zusätzlicher Gebiete zu benennen, die wir unter Schutz stellen wollen. Weil es dabei sehr viele grenzübergreifende potenzielle Schutzgebiete gibt, ist die gemeinsame Abstimmung wichtig. Achtung: Natura 2000 heißt keine Käseglocke über die schönsten Naturjuwelen unseres Landes, sondern klare Grenzen für massive Eingriffe. Diese klaren Grenzen sind für alle – für NaturschützerInnen und für potenzielle Lift- oder KraftwerksbauerInnen wichtig.

Wie wirksam so eine Konferenz sein kann, hat zuletzt meine Kollegin Christine Baur gemeinsam mit der Salzburger Soziallandesrätin und dem sozialdemokratischen Kollegen aus Oberösterreich bewiesen. Bei der ersten Flüchtlingskonferenz der LandesrätInnen seit über 10 Jahren haben die zuständigen PolitikerInnen gemeinsame Forderungen erhoben: Bessere Standards für die desolaten Unterkünfte der Flüchtlinge und die Möglichkeit, zu arbeiten. Damit ist die Innenministerin das erste Mal mit klaren Forderungen konfrontiert, die alle Länder erheben.

Ob uns nächste Woche ein ähnlich großer Wurf gelingt, trau ich mich nicht zu versprechen. Aber die Tatsache, dass wir Naturschutz-LandesrätInnen uns zum ersten Mal treffen, seit dem mit dem Euro bezahlt wird, ist ein ganz deutliches Signal: Naturschutz bekommt, auch weil da jetzt in vier Ländern grüne Regierungsmitglieder zuständig sind, ein ganz großes Gewicht in der heimischen Politik. 

Mittwoch, 15. Januar 2014

Ein Öffi vor der Haustür

VVT-Chef Jörg Angerer, Innsbrucks Vize Sonja Pitscheider, Halls Vize Karin Klocker, Halls Bürgermeisterin Eva Maria Posch, Werner Baltram von der ÖBB Infra, ich und Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer bei der Präsentation der geplanten neuen S-Bahn-Halte



Mich erreichen momentan sehr viele Mails zum öffentlichen Verkehr – viele Bestärkende, was den Ausbau der Öffis in Tirol betrifft und viele kritische, weil einzelne Verbindungen nicht so sind, wie sie sich betroffene Menschen vorstellen. Ich habe größtes Verständnis für Menschen, die eine gute direkte Bus- oder Zugverbindung von Haustür zu Haustür einfordern. Und ich wünsche mir auch weiterhin viele Mails mit konkreten Anregungen, wo es Lücken im Verkehrsnetz gibt. In manchen Fällen können wir mit Hinweisen zu Alternativ-Verbindungen helfen, in manchen Fällen können wir in der Planung des Öffi-Ausbaus berücksichtigen, was sich BürgerInnen wünschen. In allen Fällen nehmen wir diese Anliegen ernst und denken gemeinsam mit unseren VerkehrsplanerInnen darüber nach, ob eine neue Verbindung oder ein zusätzlicher Halt machbar wäre und welche Konsequenzen das hätte.

Ein Aber ist an dieser Stelle trotzdem notwendig: Der öffentliche Verkehr ist ein Netz, dessen Attraktivität ganz wesentlich von der Geschwindigkeit abhängt. Ich höre immer wieder, dass der Bus ja nur ein paar Kilometer Umweg für die ideale Verbindung von Herrn W oder Frau X fahren müsste. Das mag stimmen, aber wenn der Bus für Herrn W oder Frau X diesen Umweg fährt, muss er halt auch für Herrn Y oder Frau Z ein paar Kilometer weiter einen Umweg fahren: Gleiches Recht für Alle. Und schwupps ist die Bus- oder Zugverbindung, die Menschen am Start- und Endpunkt der Linie deswegen nutzen, weil sie schneller sind, als mit dem Auto, auf einmal eine langsame Verbindung. Das ist die ewige Krux im öffentlichen Verkehr: Möglichst schnell und möglichst oft stehenbleiben geht halt irgendwie nicht.

Noch komplizierter ist das auf der Bahn: Da hab ich nämlich schnelle und langsame Züge, die auf den selben Gleisen fahren müssen. So ein Fahrplan ist eine Wissenschaft. Weil die neue S-Bahn bis Jenbach wieder Platz wegnimmt, den andere wieder gerne für den schnellen überregionalen Verkehr hätten. Oder weil die neuen Railjet-Halte in Kufstein, Wörgl, Ötztal-Bahnhof, Imst-Pitztal und Landeck zwar ein Segen für die lokalen PendlerInnen sind, aber sich gleichzeitig halt wieder überregionale PendlerInnen aufregen, dass der Zug langsamer wird.

Was tut kluge Verkehrsplanung an dieser Stelle? Zuhören, hinschauen und Zahlen zur Hilfe ziehen. Ja, wir müssen auf den hochfrequentierten Strecken mit einem optimalen Angebot Cash machen, damit wir die weniger rentablen Strecken aufrecht erhalten können. Ja, ich wünsche mir für jede Tirolerin und für jeden Tiroler und auch für alle anderen Menschen ein super Öffi von Haustür zu Haustür. Und ja, wir stellen uns dem Problem vieler Innsbrucker Ein- und AuspendlerInnen, die nicht auch noch mit Stadtbussen fahren wollen, wenn sie mit dem Zug anreisen.

Land, Stadt Innsbruck, Stadt Hall, ÖBB, VVT und BMVIT bauen gemeinsam in den nächsten Jahren 6 neue S-Bahn-Haltestellen in Innsbruck und Hall/Thaur. Auch das geht nicht von heute auf morgen – aber wenn die Bahnhöfe stehen, dann machen sie den öffentlichen Verkehr wesentlich attraktiver. Wir können nicht jedem und jeder eine Haltestelle vor die Haustür stellen. Aber wir können die Bahn näher an neuralgische Punkte wie die Universität, die Klinik oder die Messe in Innsbruck und an das Gewerbegebiet in Hall und Thaur heranbringen, wo zehntausende Menschen arbeiten, studieren oder ihre Freizeit verbringen wollen. Und das tun wir. 

Und ansonsten gilt weiter: Schreiben Sie mir Ihre Anliegen an ingrid.felipe@tirol.gv.at - ich freue mich über Rückmeldungen und Anregungen

Mittwoch, 8. Januar 2014

Gabriels Mittwochnachmittag mit Mariechen

Mein letzter Ferientag mit Tristan vor den Kalkkögeln



Der deutsche SPD-Chef hat eine Diskussion losgetreten, die sich gewaschen hat: Er hat im Kurznachrichtenportal Twitter mitgeteilt, dass er eben seine Tochter „Mariechen gefüttert habe und es sich auch in Zukunft als Vizekanzler nicht nehmen lassen werde, Mittwoch am Nachmittag zu Hause bei seiner 2-jährigen zu sein. Schließlich sei er als Vater für die Erziehung mit verantwortlich und seine Frau auch berufstätig. Von allerlei Seiten musste sich Gabriel anhören, er sei hochbezahlt und habe gefälligst die Interessen der Republik voranzustellen und nicht das Interesse an seiner Tochter.

Was viele nicht wissen: Gabriels Mittwochnachmittag ist kein PR-Gag. Gabriel meint das Ernst. Der rote Vizekanzler ist vorletzten Sommer in dreimonatige Elternteilzeit gegangen und hat sich im Wesentlichen aus der Politik herausgehalten. Ich halte die Diskussion und den Spott für Gabriel für fadenscheinig. Der Mann ist Chef einer Partei, die Männer motivieren will, in Karenz zu gehen und die Familienaufgaben in Richtung Halbe-halbe aufzuteilen. Da ist es nur konsequent, dass er – ungeachtet seines immer wieder ins Treffen geführten Gehalts – selbst auch Familienfreizeit in seinen stressigen Job einplant.

PolitikerInnen brauchen Freizeit und die Kinder von PolitikerInnen haben ein Recht auf ihre Eltern. Ich kann das aus meiner eigenen Erfahrung sagen. Ich hab einen Job, in dem ich meinen 10-jährigen Sohn weniger oft zu sehen bekomme, als ich mir das wünschen würde. Ich kann als Alleinerzieherin auf einen starken familiären Rückhalt zählen, ohne den ich meinen Sohn nicht gut untergebracht wüsste. Aber wenn PolitikerInnen einen guten Job machen und gute Entscheidungen treffen sollen, muss es Ihnen gut gehen. Und dazu gehört, dass sie ihre Kinder sehen können. Auch unter der Woche. Punkt, aus.