Dienstag, 1. Oktober 2013

Die „Kleinen“ vor den Vorhang




Alle reden über Innsbruck. Ich freu mich sehr über den ersten Platz von uns Grünen in der Landeshauptstadt. Der Wahlkampf ist aber außerhalb der Grünen Kerngebiete oft schwieriger. Deswegen hab ich am Sonntag immer wieder an Stellen gejubelt, an denen die meisten MitarbeiterInnen nur auf die Ergebnisse aus den großen Gemeinden gewartet haben. Und ich hab auch Erklärungen dafür, warum wir Grüne auch außerhalb der Landeshauptstadt gepunktet haben. Es hat – man lese und staune – etwas mit Politik zu tun. Und die findet für die meisten BürgerInnen immer noch vor Ort statt und nicht im Nationalrat oder im Landhaus.


Ich glaube, Grün wirkt dort, wo grüne Themen eine große Rolle spielen – und ich will damit niemanden vor Ort vereinnahmen. Aber unsere tollsten Ergebnisse haben wir außerhalb der Landeshauptstadt dort, wo heiße Debatten laufen, in die wir Grüne involviert sind.


Flaurling ist so ein Beispiel: Da gibt’s seit einiger Zeit einen Streit um ein Kraftwerk am Inn, gegen das sich eine BürgerInneninitiative fleißig wehrt. Grüne von 9 auf 16,5%.



Mayrhofen ist so ein Beispiel: Mitten zwischen Naturjuwelen und dem einen oder anderen erschließungswütigen Touristiker eingesperrt. Grüne von 9 auf 14%



Vomp ist so ein Beispiel: Wir kämpfen hier darum, dass die ÖBB endlich zulässt, dass die Güterzüge in der Unterinntal-Trasse fahren. Grüne von 9 auf 13%



Axams ist so ein Beispiel: Die Kalkkögel stehen vor der Haustür und sind trotz laufenden Beschusses von TouristikerInnen durch meinen und Christine Baurs Sitz in der Landesregierung gesichert. Vor Ort kämpft eine starke BürgerInneninitiative um die Unversehrtheit des Naturjuwels. Grüne von 12 auf 20%



Kufstein ist so ein Beispiel: Maut-Debatte zwischen polternden NationalrätInnen und einer sturen Verkehrsministerin. Vor Ort Grüne, die konstruktiv um eine Lösung zwischen den Fronten bemüht sind. Grüne von 11 auf 17%



Und schließlich, mein Lieblingsbeispiel und mein Bogen zum nachdenklicheren Teil dieses Beitrags: Telfs. Die Grünen kämpften dort um das Naherholungsgebiet Wendelinus und arbeiten konstruktiv mit dem neuen Bürgermeister von einer ÖVP-Abspaltung zusammen. Aygül Berivan Aslan hat in ihrer Heimatgemeinde 21% erobert (+7). Würden die Wahlkarten den Gemeindeergebnissen zugeordnet, wären die Grünen vor der FPÖ Nummer eins in der drittgrößten Gemeinde Tirols. Neben Aygül haben in Telfs auch viele fleißige AktivistInnen wahlgekämpft, argumentiert, Flyer verteilt und sich hin und wieder blöd anreden lassen müssen. Das Selbe gilt auch für Flaurling, Mayrhofen, Rietz, Volders, Axams und Kufstein: Dort waren überall Grüne unterwegs, die sich den Debatten gestellt haben, die in der liberalen Großstadt Innsbruck alle ein bißchen einfacher zu diskutieren sind. Ihnen verdanken wir die über 15% in Tirol. Und dafür will ich von Herzen Danke sagen.



Mein weinendes Auge zu diesem in Tirol so tollen Wahltags für die Grünen will ich auch nicht leugnen: Die Stärke der FPÖ erschreckt mich immer wieder aufs Neue. Die geschrumpften ehemaligen Großparteien haben offenbar noch keine geeigneten Antworten für jene gefunden, die eine Partei wählen, die Demokratie und Menschenrechte mit Füßen tritt. Wir Grüne vertreten einen Politik-Ansatz, der sich nicht von heute auf morgen gegen die Rechten durchsetzen kann. Aber ich bleibe dabei: Denen, die sich mit Frust und Misstrauen von der Politik abwenden muss man anbieten, sich stärker einzubringen. Die Antwort auf eine an den Wahlurnen erstarkte FPÖ heißt mehr, nicht weniger Demokratie. Meine Erfahrung auf der Straße: Wenn man Menschen konkrete politische Entscheidungen erklärt, die ihnen nicht recht sind, reduziert das den Frust und erhöht die Akzeptanz für demokratische Prozesse. Und wenn man ihnen verspricht, Entscheidungen transparenter und unter stärkerer Beteiligung der WählerInnen zu treffen, gibt es einen Funken Hoffnung, sie auf die Seite jenseits der Trennlinie zum rechtsradikalen Populismus zurückzuholen. 
Dieser Zugang und eine offensive Integrationspolitik, die ein gutes Zusammenleben aller Menschen an die Stelle des Spaltens und des Aufhussens stellt, ist das, was wir Grüne vorerst zu bieten haben im Kampf gegen Strache und Co. Um weitere Anregungen bin ich jederzeit dankbar.

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