Montag, 3. Juni 2013

"Da geht's um Lebensqualität"

Bei meiner Eröffnungsrede zum Treffen der Brenner Korridor Plattform mit EU-Koordinator Pat Cox. 




Ladies and gentlemen, dear guests,
it is a pleasure for me as the Vice Governor of the Tyrol to welcome you to the capital of the Alps. Although I'm not that old, I can remember times when our country was less afflicted with big trucks crossing our deep valleys. In the last 15 years, reducing transit traffic on our highways and expanding transit traffic on our railroads has become a major task for Tyrolean politicians – regardless of their political convictions.
Since two weeks and for the five years to come, it is my responsibility to provide better air quality and noise reduction for our citizens. We're willing to fight for this improvement of life quality for tens of thousands of Tyroleans who live next to highways. Now don't get me wrong: I don't want to build new border posts. I believe that only our unified European Union provides solutions that serve all our citizens no matter whether they live next to an Italian, next to a German or next to an Austrian highway. I do agree with the common sense that the best way to reduce transit traffic on our roads is to improve railroad systems. That effort needs to be put forward by you as those who build new railroads and by us who guarantee good framework conditions for your work.
Now, I'm glad you came to Innsbruck to drive forth the improvement of our railroad systems. As Vice Governor, my job is not to be an expert for everything, but to find out in whose advice I can trust and in whose I can't. I trust your expertise and I do believe that our joint efforts will improve the life quality of the citizens who live next to the highways. My main political goals are their benefit and a modernisation of our railroads.
For further remarks on how the new Tyrolean government is going to reach those goals I'm going to switch to German now.

Sehr geehrter Herr EU-Koordinator Pat Cox, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Mein Name ist Ingrid Felipe, ich bin seit wenigen Tagen Teil der Tiroler Landesregierung und als Landesrätin zuständig für die Verkehrspolitik des Landes. Diese Verantwortung darf ich für den öffentlichen Verkehr sowie für die europäische Verkehrspolitik und damit den Transitverkehr übernehmen.
Ich hatte schon das Vergnügen, Pat Cox persönlich kennenzulernen und freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm.
Es wird Ihnen bekannt sein, dass wir Grüne dem Brennerbasistunnel kritisch gegenüberstehen. Doch heute ist nicht der Zeitpunkt, über die Gründe dafür zu diskutieren. Denn heute geht es um jenen Bereich, in den wir alle große Übereinstimmung haben: die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene.
Wir sprechen heute über die Arbeit der Brenner Corridor Plattform. In der Einleitung zum Aktionsplan Brenner 2009, unterzeichnet am 18. Mai 2009 in Rom, steht: Die neue Schienenverbindung über den Brenner wird nur dann optimal genutzt werden, wenn die gesamten Güterströme nördlich und südlich des Brenners verknüpft sind und eine „Logstikkette“ bilden. Nur dann ist – im entsprechenden verkehrspolitischen Rahmen – eine nennenswerte Verlagerung von der Straße auf die Schiene möglich. 
...
Die Brenner Corridor Plattform BCP hat kurz-, mittel- und langfristige Vorschläge unterbreitet, die von Infrastrukturverbesserungen über den Betrieb von Zugtrassen, das Handling in den Terminals und Interoperabilitätsfragen, Logistik und Umwelt bis hin zu politischen Maßnahmen reichen. 
Wenn wir auf die letzten 4 Jahre zurückblicken, müssen wir ganz trocken feststellen, dass das Maßnahmenpaket sehr ambitioniert war. Aber wir hinken in der Umsetzung hinterher. Es ist an der Zeit, die angepeilten Ziele und Maßnahmen zu überprüfen und zu schauen: was haben wir geschafft, was fehlt noch. Und ich sage es gleich: ich finde, es fehlt noch sehr viel.
Die Schiene ist gegenüber der Straße in vielen Bereichen noch nicht konkurrenzfähig. Wenn Sie heute einen Lkw besitzen, ihn in einem EU-Land zugelassen haben, dann können Sie unbeschränkt durch ganz Europa fahren. Anders stellt sich der Situation auf der Schiene dar. Da mangelt es an der Harmonisierung. Stellen Sie sich vor, wenn jeder Lkw für jedes EU-Land eine eigene Zulassung bräuchte, so wie es sich derzeit noch bei der Bahn verhält oder ein eigenes Sicherungssystem wie das European Train Control System , das zwar europäisch angelegt, aber doch für jeden Staat modifiziert ist.
Stellen Sie sich vor, jeder Lkw bräuchte für jedes EU-Land eine eigene Art von Treibstoff! Die verschiedenen Stromsysteme in Europa bedeuten ja im Kern ja nichts anderes für die Züge. Auch die Vorschriften über die Beschilderungen an den Zügen sind unterschiedlich.
Wenn beim Lkw all diese nationalen Unterschiedlichkeiten verlangt wären, hätte er seinen Siegeszug in der Transportwirtschaft nicht antreten können. Die Architekten der Brenner Corridor Plattform haben erkannt, wo die Defizite beim Ineinandergreifen der verschiedenen Systeme liegen. Sie haben die notwendigen Ausbauschritte benannt und viele begleitenden Maßnahmen vorgeschlagen. Wenn es gelingt, dieses große Aktionsbündel voranzutreiben, kann die Schiene die vielen Vorteile, die sie bietet, ausspielen.
Ich verstehe natürlich die Ängste mancher Bahnbetreiber, sie könnten Marktanteile verlieren. Aber ist das Hochziehen von Barrieren der richtige Weg, um Marktanteile abzusichern? Ich glaube das nicht. Der Weg, mehr Güter auf die Schiene zu bekommen, ist doch der, eine gute Infrastruktur für das Be- und Entladen anzubieten, ausreichend Trassen und Kapazitäten zu haben und die Interoperabilität sicherzustellen. Wenn das durch unsere gemeinsame Anstrengung gelingt, wird sich die wirtschaftliche Situation alle Bahnbetreiber durch den Gütertransport lohnend entwickeln.
Meine Aufgabe als Politikerin ist es, die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass die umweltfreundliche Bahn ihre Vorteile ausspielen kann. Dass dies möglich ist, zeigt der Verkehrsbericht des Landes Tirol. Dort stand vor 3 Jahren zu lesen:
Nach dem Auslaufen des Ökopunktesystems sackte der Schienenanteil am Brenner in den Jahren 2004 und 2005 auf 23 % ab. Mit Hilfe einer Palette von Maßnahmen wurden die Bahntransporte am Brenner ab 2005 innerhalb von fünf Jahren von 9,7 Mio. auf 15,3 Mio. Netto-Nettotonnen*) erhöht – in einer Zeitspanne, in der europaweit der Warenverkehr wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise massive Einbrüche hinnehmen musste. Am Brenner erreichte die Bahn 2010 mit 35 % den höchsten Marktanteil seit 1974. 
Die traurige Nachricht heute ist: Wir haben seit 2010 wieder Güteranteile auf der Bahn verloren und liegen derzeit bei einem Modal Split von 30 % Bahn und 70 % Straße. Das hat für mich mit der Aufhebung des sektoralen Fahrverbotes, also des Fahrverbotes für Abfälle, Steine, Erden und Aushub, Rundholz, Fahrzeuge, Stahl etc. zu tun. Das hat auch zu tun mit der Sperre der Brennerbahn in der Zeit der großen Sanierung.
Inzwischen hat sich die Bahn aber fit gemacht, um mehr Verkehr aufnehmen zu können, von der Eröffnung der Unterinntaltrasse bis zu neuen Verlademöglichkeiten in Wörgl.
Was wir jetzt brauchen, ist der gemeinsame Wille, die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen für die Bahn zu verbessern, indem wir das Maßnahmenbündel, das in der Brenner Corridor Plattform festgelegt ist, vorantreiben, zügig vorantreiben. Was wir jetzt brauchen ist die Optimierung der Nutzung der vorhandenen Kapazitäten und eine massive Stärkung der Kooperation unserer Länder über die Grenzen hinaus. Im Interesse unserer Regionen müssen wir für den grenzüberschreitenden europäischen Transportverkehr auch europäisch denken.
Ich bitte Sie alle um Ihre Mithilfe und um Ihren Einsatz. Ich freue mich auf gute Gespräche, gute Entscheidungen und wünsche uns allen, dass wir bald von wesentlich höheren Gütervolumina, die auf der Bahn transportiert werden, berichten können.
Ich wünsche uns allen eine erfolgreiche Tagung!

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