Liebe
Tirolerinnen und Tiroler!
Erinnern
Sie sich noch, Anfang Juli waren viele von uns in Igls bei der
Zukunftskonferenz.
Es
war ein schöner Rahmen. Der Landeshauptmann hat eine Birke
gepflanzt. Nachher gab's zu essen und trinken – beste heimische
Kost.
Landeshauptmann
Platter hat dort eine Grundsatzrede gehalten.
Wie
hat der Landeshauptmann dort ausgeführt? „Die Entwicklung eines
Landes ist ein lebendiger Prozess. Einwirkungen von außen bekommen
in einer globalisierten Welt auch wir zu spüren.“ und weiter:
„Jetzt geht es darum, unser Land so aufzustellen, dass auch die
nachkommenden Generationen jene Lebensqualität genießen können,
die wir heute gewöhnt sind. Wir müssen uns bewusst sein, dass jede
Entscheidung, die wir heute treffen, nicht ohne Auswirkungen für
morgen ist: Um so wichtiger ist unser Weitblick.“
Drei
Monate später, also heute, liegt uns das Budget 2013 vor. Ja glauben
Sie, Herr Landeshauptmann, dass das, was Sie uns als Ihre 'in Zahlen
gegossene Politik' vorlegen, dass das nachhaltig ist, dass das
weitblickend und enkeltauglich ist? Ich sage Ihnen: Gerade DAS ist
dieses Budget nicht!
Der
Hauptredner bei Ihrer Veranstaltung in Igls war der berühmte
Journalist und Energiewendepionier Franz Alt. Folgendes ist mir ganz
besonders in Erinnerung geblieben: „Ich möchte nicht mein Enkel
sein!“ und er plädierte dafür, dass wir uns wie Homo sapiens und
nicht wie Homo Dummkopf verhalten sollten. Herr Landeshauptmann,
möchten Sie
Ihr Enkel sein? Meine
Damen und Herren, möchten Sie
Ihre Enkelkinder sein? Tun wir wirklich das Richtige? Oder denken wir
zuerst an uns und an jetzt - anstatt an morgen?
Meine
Damen und Herren, heuer ist es sehr schnell gegangen mit der
Budgeterstellung, und so schnell soll es nun auch gehen mit dem
Budgetbeschluss! Dass wir das Budget heuer schon im Oktober
beschließen und nicht im Dezember ist aber schon der einzige Punkt,
in dem sich das Budget 2013 von den letzten Budgets unterscheidet.
Ansonsten bleibt alles beim Alten, derselbe alte Hut. Trotz der
stetigen Forderung von uns Grünen, die Herausforderungen unserer
Zeit als Chancen zu nutzen, sich der Verantwortung für unsere
Nachkommen bewusst zu werden. Trotz all dieser wiederkehrenden
Forderungen fällt der Landesregierung nichts weiter ein, als den
ewig gleichen, verwaltenden statt gestaltenden Budgetpfad
fortzuschreiben.
Dieses
Fehlen jeglicher politischen Gestaltung durch den
Landesfinanzrefenten und die Regierungsmitglieder empfinden wir Grüne
als fahrlässig und verantwortungslos!
Gerade
in unserer jetzigen Situation, in der uns die Krise des Kapitalismus
nicht mehr nur in Zeitungsmeldungen begegnet, sondern für uns all
spürbar ist. Weil der Leistungsdruck in der Arbeitswelt ein
gesundheitsgefährdendes Ausmaß angenommen hat. Weil der Wert und
die Qualität von Lebensmitteln in keinem nachvollziehbaren
Zusammenhang mit den Preisen mehr steht. Und keiner mehr so richtig
einschätzen kann, was mehr krank macht als ernährt. Und weil uns
das Atmen aufgrund der Luftbelastung immer schwerer fällt und uns
durch den Dauerverkehrslärm keine Ruhe gegönnt wird.
Gerade
jetzt ist ein ängstliches Verwalten der Mittel und Ressourcen nicht
genügend, gerade jetzt braucht es mutige Gestaltung mit Weitblick
und Besinnung auf das Wesentliche: den Schutz unserer
Lebensgrundlagen!
Der
Schutz unserer Lebensgrundlagen ist nicht nur Gebot der Stunde,
sondern zeigt sich als optimaler Sparkurs.
Lassen
Sie mich das ausführen! Durch die Fortsetzung der Fehlausgaben
steigt die Belastung für die Gesundheit und die Existenzgrundlagen
der TirolerInnen. Daher müssen die Ausgaben für Soziales und
Krankenversorgung jährlich
höher angesetzt
werden. Weil die Beeinträchtigung unserer Luft und unseres Lebens-
und Erholungsraumes immer größer wird.
Die
Fortschreibung von Fehlausgaben der vergangenen Jahre erfordert
jährlich steigende Ausgaben zur Behebung der Schäden und
Fehlentwicklungen.
Das
ist ein Teufelskreis, aus dem wir ausbrechen müssen!
Aber
Sie wollen einfach weitermachen wie bisher? Sie versuchen uns weiß
zu machen, dass alles gut ist? Es fehlt jeder Lösungsansatz, um die
Herausforderungen unserer Zeit zu meistern bzw. gar als Chancen zu
nutzen.
Es
kommt mir so vor, als säßen wir alle in einem Bus, aber unser
Chauffeur, der Landeshauptmann hat kein Navi. Und auch keinen Plan,
wohin die Reise gehen soll. Nur die Spur halten, ohne Blick nach
vorne oder zur Seite. Alle Warnschilder werden ignoriert, immer stur
gerade aus. Auch wenn der Weg in einen dunklen, schwarzen Tunnel
führt.
Besonders
stolz ist die Regierung auf die schwarze Null. Es werden keine neuen
Schulden gemacht, um vorzusorgen für schlechtere Zeiten. Dass
Schulden nicht gleich Schulden sind, sondern es eine Unterscheidung
braucht, eine Unterscheidung zwischen langfristig sinnvollen
Investitionen einerseits und verschleudertes Geld für fehlgeleitete
Ausgaben... diese notwendige Unterscheidung wird bei der großen
Euphorie über die schwarze Null verschwiegen.
Und
weil die schlechteren Zeiten für so manche Machthaberer in Tirol
ganz bald anbrechen werden, nämlich dann wenn sich nächstes Jahr
hier im hohen Haus so richtig was verändert, deshalb muss
rechtzeitig vorgesorgt werden. Verfügungsmittel nennt sich diese
Vorsorgemaßnahme. Dieser können sich die Regierungsmitglieder
gleichermaßen unbürokratisch bedienen wie so manch anderer Töpfe.
Töpfe, die in diversen Budgetgruppen recht salopp benamt und gut
dotiert ohne weitere Beschlüsse „bewirtschaftet“ werden können.
Falls mal was schnell gehen muss, wenn ein Freunderl oder ein
Verbündeter was braucht. Und vor Wahlen muss es oft schnell gehen!
Denn ein Fahrerwechsel in unserem Autobus steht an! Und dann wird
endlich nicht mehr nur auf die Zurufe der lautesten und
penetrantesten Fahrgäste reagiert.
Vor
diesem Fahrerwechsel heißt es für sie: Fuss aufs Gas, Augen zu und
beten! Da kann schon mal passieren, dass nicht alle Fahrgäste
mitfahren können. Und schon gar nicht die, die nicht ausreichend
bittstellerisch, artig, gschneutzt und kampelt, in einer
ordentlichen Reihe stehen, so wie es sich gehört...
Was
sich in ihrem Budget 2013 widerspiegelt ist die ihre vollkommene
Uneinsichtigkeit, dass sich die Welt geändert hat, dass sich die
Gesellschaft verändert hat und dass sich die Lebensrealität der
Tirolerinnen und Tiroler verändert hat. Sie entsprechen den
Anforderungen des Wirtschafts- und Machtsystems in vorauseilendem
Gehorsam, die Anforderungen ihrer Bevölkerung verwalten Sie aufs
notdürftigste - mehr sicher nicht.
Hätten
Sie, Herr Platter, sich und uns bei der Erstellung des Budgets etwas
mehr Zeit gelassen und sich die Anregungen und die Kritik von uns
Grünen etwas gründlicher angesehen, wäre Ihnen sicherlich
aufgefallen, wie einfach und leicht ein Umsteuern mit Weitblick
gelingen kann, wie kostenneutral ein umweltverträglicher
Budgetentwurf gestaltet werden kann – wenn mann nur will...
Mit
rund 130 wohl überlegten Abänderungsanträgen zum Landesvoranschlag
hätten wir aus diesem schwarzen Nullbudget ein grünes
Zukunftsbudget gemacht. Unsere Antragsliste besteht aus
Umschichtungsanträgen. Auch wir wollen keine zusätzlichen Kredite
aufnehmen, sondern mit dem auskommen, was das Land und seine
Unternehmen zu Verfügung stellen. Auch wir wollen mit dem auskommen,
was da ist. Durch unser Augenmerk auf die Grenzen der Belastbarkeit
von Mensch und Natur in Tirol wollen wir aus einer schwarzen Null
grüne Ausgewogenheit machen.
Setzen
wir uns als Ziel eine Gesellschaft mit der Möglichkeit auf ein
gutes, auf ein gesundes Leben für alle. Dazu braucht es einen klaren
Fokus auf die Grenzen der Belastbarkeit von Mensch und Natur. Das ist
möglich! Wir schaffen das durch die politische Schwerpunktsetzung
zum Schutz unseres Lebensraums und zur Verbesserung unserer
Luftqualität!
Und
ich hab noch eine gute Nachricht für Sie: Umweltschutz ist das beste
Sparpaket! Nur etwas mehr als ein Prozent des Budgets müssten Sie
dafür umschichten. Bei einem Gesamtbudget von 3 Milliarden sind das
in etwa 30 Millionen Euro, die klüger verwendet werden.
Zum
Vergleich: Mit diesem Betrag, mit 30 Millionen Euro, hat unsere
Landesregierung das Tirol Panorma finanziert und der sinnlose Ausbau der Haller Straße ist
sich auch noch ausgegangen um das Geld!
Nocheinmal
zum Mitschreiben: Umweltschutz ist das beste Sparpaket! Wenn wir es
mit dem Erhalt und dem Bewahren unserer Lebensgrundlagen ernst
meinen, ist weniger zumeist mehr. Weniger neue Schnellstraßen zu
bauen, kostet weniger Geld! Der Verzicht auf weitere
Neuerschließungen am Berg und im Tal, spart Landessubventionen bzw.
entlastet die Gemeindefinanzen! Ackerland nicht für Golfplätze zu
missbrauchen, reduziert nicht nur die Tourismusförderausgaben,
sondern bringt den Bauern, den KonsumentInnen und der
Regionalwirtschaft existenzielle Sicherheit.
Die
so eingesparten Mittel können wir dann für Zukunftsinvestitionen
verwenden. Zum Beispiel für die Schaffung von attraktiven und
sicheren Alltagsradwegen. Also Radwegen, die nicht als Sport- und
Erholungsrouten dienen, sondern die uns möglichst rasch und sicher
von A nach B bringen. Auf stark befahrenen Landesstraßen mit dem
Fahrrad in die Arbeit zu radeln, ist gefährlich und schreckt ab. Ein
sicherer begleitender Radweg ist ein Anreiz, den Arbeitsweg als
tägliche Fitnesseinheit zu nutzen, statt am Abend mit dem Auto noch
ins Fitness-Studio zu gurken. Es spart Sprit, spart Nerven, spart
Zeit, spart Geld und ist gesünder, ökologischer und definitiv
cooler!
Diese
Zukunftsinvestition zum Beispiel haben wir gemeinsam mit anderen
Vorschlägen in unseren Abänderungsanträgen zum außerordentlichen
Haushalt vorgesehen.
In
diesem Luft- und Klimaschutzpaket mit dabei sind Investitionen in den
Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln. Um das Aussteigen aus dem
Auto und das Einsteigen in die Bahn leichter und interessanter zu
machen.
Sowohl
die Verlängerung und Beschleunigung der Stubaitalbahn als auch eine
Optimierung der Bahnanbindung des Bezirks Reutte sind darin
vorgesehen.
Vorausschauende
Politik lässt die Tirolerinnen und Tiroler nicht mit den steigenden
Treibstoffkosten und ebenso rasch steigenden Erwartungen an
Flexibilität und Mobilität allein im Stau stehen. Vorausschauende
Politik entwickelt und schafft Alternativen. Das Öffi-Angebot darf
sich nicht am derzeitigen Bedarf orientieren. Wir müssen die
Rahmenbedingungen schaffen, damit alle locker umsteigen wollen und
können.
Aber
nicht nur der Verkehr belastet die Luft- und Lebensqualität in
Tirol. Auch im Bereich der Energiegewinnung gibt es noch große
Potentiale, sowohl die Luft als auch die Geldtaschen der TirolerInnen
zu entlasten. Und heute rede ich ausnahmsweise mal nicht von der
Stromerzeugung aus Wasserkraft, sondern von Verbesserungen bei der
Bereitstellung von Raumwärme. Ein wohlig-warmes Raumklima braucht
nämlich nicht zwangsläufig jede Menge Wärmezufuhr aus Öl, Gas,
Holz oder Strom. Wohnwarme Räume können viel günstiger durch
Dämmung und Mehrfachnutzung von Wärmeenergie bereitgestellt werden.
Und
es geht doch primär darum, dass wir es im Winter warm haben und nur
in zweiter Linie, das ein Feuerle im Kamin brennt und das Holz schön
knistert...
Auch
hier ist Umweltschutz das bestes Sparpaket! Mutige und fokussierte
Investitionen und Förderungen zur Steigerung der Energieeffizienz
heute, reduzieren die Luftbelastung und senken die Betriebskosten.
Und diese beiden Effekte helfen unser Ziel zu erreichen: ein gesundes
und ein gutes Leben für uns alle in Tirol!
Wir
sehen, es ist keine Hexerei aus dem Teufelskreis der falschen
Ausgaben auszubrechen. Mit unseren Vorschlägen für Umschichtungen,
die grad mal einen Prozent des Budgets betreffen, wird aus der
schwarzen Null eine zukunftsfähige grüne Ausgewogenheit. Schutz von
Luft- und Lebensqualität kostet nicht die Welt, aber sie rettet sie!
Leider
fehlt es der derzeitigen Landesregierung am natürlichen Mut, diesen
Schritt mit uns zu gehen!– es bleibt die Hoffnung, dass sich diese
Verantwortlichkeit ganz bald ändert.
Eines
noch meine
Damen und Herren! Ich bin stolz, in meiner kurzen Zeit als
Abgeordnete zwei wichtige Initiativen durchgesetzt zu haben. Sowohl
in der Landesordnung als auch im Landesbudget wird neben den
bestehenden Grundsätzen nun auch
der Grundsatz der Nachhaltigkeit
verankert. Nachhaltigkeit wird damit zu einem Eckpfeiler des Handelns
von Landtag, Regierung und Verwaltung.
Der
Budgetbeschluss wird nun unter Ziffer II. Zahl (1) heißen:Ausgaben
dürfen nur für die im Voranschlag vorgesehenen Zwecke und nur nach
den Grundsätzen der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit,
Wirtschaftlichkeit und – jetzt brandneu: NACHHALTIGKEIT! geleistet
werden.
Dieser
Zusatz kann mit Hilfe und Unterstützung der MitarbeiterInnen des
Landes Tirols ganz große Wirkung entfalten.
Und
für alle, die jetzt meinen, das wäre lediglich ein grünes
Mascherl, das sich die Landesregierung da an ihr Budget heftet, denen
möchte ich ans Herz legen:
Nachhaltigkeit
steht weder auf dem Titelblatt noch wurde sie bei der Planung
berücksichtigt, ABER das Prinzip der Nachhaltigkeit wird zur
Vorgabe im Vollzug! Bei jeder noch so kleinen finanziellen
Entscheidung ermächtigen wir die Landesbediensteten, das Prinzip der
Nachhaltigkeit in ihre Meinungsbildung einzubeziehen! Sie dürfen
somit mit Weitblick entscheiden. Und sind damit wohl so manchem
Regierungsmitglied mehrere Schritte voraus! Damit fängt die Idee der
Nachhaltigkeit dort an zu wirken, wo sie sich am besten entfalten
kann.
Diese
Perspektive gibt mir, gibt uns Hoffnung! - Für künftige Budgets.
Dem
Landeshaushalt 2013 fehlt politischer Weitblick und der Mut, den
akuten Herausforderungen der veränderten Welt und der veränderten
Gesellschaft Rechnung zu tragen. Weil für uns Grüne und für die
Tirolerinnen und Tiroler, denen wir verpflichtet sind, dieser
Vorschlag nicht genügend ist, stimmen wir dem Antrag der
Landesregierung nicht zu!